Ende April fand der 5. ARD-Freienkongress online statt. An drei Tagen diskutierten etwa 300 freie Kolleginnen und Kollegen zu den Themen Rundfunkfreiheit, Freie in den Personalräten und Sicherung der Arbeitsplätze für Freie. Dabei trafen die Forderungen der Freien nach mehr Mitbestimmung und sichereren Arbeitsplätzen auf Zustimmung und Rückhalt bei den Gästen aus der Politik.
Tag 1
An Tag 1 ging es los mit einer Diskussion um Rundfunkfreiheit, das programmliche Abwechslungsbedürfnis der Anstalten und die Frage, ob nicht viele Freie eher wie Angestellte arbeiteten. Dazu sagte Prof. Dieter Dörr, Verfassungsrechtler und früherer Justiziar des Saarländischen Rundfunks, dass Freie immer öfter in den Redaktionen in den ganz normalen Tagesablauf eingebunden seien. Wenn ein Tagesredakteur eine Sendung bestücke, sei dort seiner Meinung nach kein Bedürfnis, das in Freier Mitarbeit zu tun. Auf die Frage, dass viele Freie unter anderem im MDR schon 25 Jahre im Sender arbeiteten und wo dort noch das Abwechslungsbedürfnis zu finden sei, sagte Dörr: “Man schiebt das ein bisschen vor, weil man vor dem Problem steht, nicht genügend Planstellen zu haben. Deshalb fängt man das ein Stückweit über freie Mitarbeit auf und setzt diesen Status auch dort ein, wo er nicht sachgerecht ist.”
Tag 2
Beinahe zeitgleich mit der Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes fand am Mittwoch die Diskussion zum Thema “Freie in die Personalräte” statt. Zu Gast war MdB Volker Kauder (CDU), der erklärte, dass in dem neuen Gesetz zwar “maßgeblich an der Programmgestaltung beteiligte arbeitnehmerähnliche Personen” von einer Personalvertretung ausgeschlossen bleiben sollen, dies aber nur einen sehr kleinen Teil der höheren Posten vergleichbar Intendanten oder Direktoren betreffe. Die übrigen arbeitnehmerähnlichen Freien würden vom Bundespersonalvertretungsgesetz umfasst. Für die etwa 2.000 Freien bei der Deutschen Welle gelte das mit Inkrafttreten des Gesetzes.
Für andere Anstalten, deren Rechtsgrundlage wie beim NDR und RBB Staatsverträge mit den Ländern sind, gilt das jedoch erst ab 2024. Deswegen sagte die Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Antje Kapek zu einer entsprechenden Novellierung des RBB-Staatsvertrages, “Ich gebe Ihnen mein Wort, das wir nichts unversucht lassen, um diese Regelung jetzt möglichst zeitnah auf den Weg zu bringen.” Sie sei der Meinung, dass so viele Freie wie möglich mit so vielen Rechten wie möglich ausgestattet sein sollten und möglichst gleichgestellt werden – gerade in einer Zeit, in der die Medienlandschaft, aber auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in einer vehementen Transformation seien. Es sei ungünstig, dass die Gebührenerhöhung gescheitert und damit der Finanzdruck gestiegen sei. “Den Preis dafür dürfen nicht allein die Freien bezahlen, weshalb wir uns auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass hier auch eine Rechtsangleichung stattfindet.”
Die kurzfristigen Änderungen am gerade verabschiedeten MDR-Staatsvertrag, der diese Neuregelung des Bundespersonalvertretungsgesetzes für den Mitteldeutschen Rundfunk ausdrücklich ausschließt, stieß bei den Teilnehmenden des Kongresses auf deutliche Kritik. ARD-Freienrat Rüdiger Trojok forderte eine Abkehr von dieser Linie und eine baldige Evaluierung des Staatsvertrages mit dem Ziel, dass auch beim MDR freie Mitarbeitende künftig im Personalrat vertreten sind.
Tag 3
Auf großes Interesse und breiten Zuspruch stieß das Thema Beschäftigungssicherung: Marika Kavouras vom RBB, die den Tarifvertrag für ver.di mitverhandelt hat, erzählte vom Bestandsschutz für nicht-programmgestaltende Freie (NPG) wie Kameraleute, Cutter/-innen und Grafiker/-innen. Unter anderem mit einer “Charme-Initiative” habe man erreicht, dass es für NPG-Freie unter bestimmten Voraussetzungen einen Beschäftigungsanspruch bis zur Rente gebe – dazu Familienzuschlag und höhere Beteiligung des RBB an der Altersvorsorge. Das Problem sei, dass neue NPG-Freie nicht in den Bestandsschutz hineinkämen und dass er nicht für programmgestaltend arbeitende Freie gelte.
Für den SWR berichtete Personalchef Thomas Schelberg von ihrem Bestandsschutzmodell für feste Freie. Diese haben ähnlich wie beim RBB einen Anspruch auf dauerhafte Beschäftigung und eine Mindestbeschäftigungsgarantie. Dabei orientiere sich das Honorar an der Entlohnung der festangestellten Kolleginnen und Kollegen. Das Modell biete große Vorteile, so falle bspw. die aufwendige Einzelhonorierung von crossmedialer Arbeit weg. Durch das neue System gebe es keine Mehrkosten und auch die Zahl der beauftragten Stücke sei nicht gesunken. Was das Abwechslungsbedürfnis betreffe, sagte Schelberg, bis zur Sechs-Jahres-Grenze gebe es befristete Verträge, danach ginge der SWR davon aus, dass er einen festen Freien dauerhaft beschäftigen könne. “Das Abwechslungsbedürfnis sehen wir nach sechs Jahren als befriedigt an.”
Alle Vorträge und Diskussionen sind im Mitschnitt auf www.ard-freie.de zu finden.