Content Creator 1 oder 2 – Verwirrspiel um crossmediale Tätigkeiten

16. März 2023  

“Eigentlich ändert sich nichts” – ein oft gehörter Satz, wenn es um die Einführung der crossmedialen Tätigkeitsziffern seit 1. Januar 2023 geht. Stimmt aber nicht! Zwar sieht es für viele Freie so aus, als würden sie die gleiche Tätigkeit nur unter anderer Nummer verrichten – und etwas mehr Geld gäbe es auch. Tatsächlich aber geht die Honorarerhöhung in vielen Fällen auf die ebenfalls zum 1. Januar erfolgte Erhöhung der Effektivhonorare um 2,25 % zurück. Wer zum Beispiel bisher 250 € für eine Redaktionsschicht verdiente, bekommt nun 255,62 €. Von der Umstellung auf crossmediale Honorare profitieren vor allem jene, die bisher z. B. in Online-Redaktionen unter N100 für ein Mindesthonorar um 169 Euro gearbeitet haben. Jetzt ist ihre Tätigkeit als Content Creator 1 gelistet und das Mindesthonorar auf 184,05 € festgesetzt.

“Da haben wir schon dankbare Stimmen vernommen”, sagt Sebastian Scholz, Geschäftsführer des DJV Thüringen und einer der Verhandler auf Gewerkschaftsseite. Über vier Jahre diskutierten die Gewerkschaften mit der MDR-Geschäftsleitung über Möglichkeiten der crossmedialen Honorierung. Die neuen Tätigkeiten sind das Ergebnis der Einigung zwischen den Tarifparteien. Scholz kennt aber auch die Schwierigkeiten, die sich derzeit in einigen Bereichen abzeichnen: “Da geht es vor allem darum, dass Tätigkeiten als CC1 eingestuft werden, obwohl sie CC2 sind”! Die Verwirrung rührt daher, dass die “alten” Tätigkeitsziffern aus den Bereichen Hörfunk, Fernsehen und Online teils sowohl bei CC1 als auch bei CC2 zugeordnet werden können. “Deshalb haben wir bei Endredaktion des Vertragswerkes eine Tabelle angefügt, die unsere Vereinbarung zur Überleitung dokumentiert“, sagt Scholz.

Das entscheidende Kriterium ist die Beitragserstellung: CC1 soll vor allem für Nachrichtenredakteure, Online-Dienste, Nutzerdialog und Distribution im Rahmen von Vorgaben Anwendung finden. Die Tätigkeit umfasst: Recherche von Themen, Bearbeitung von Inhalten und auch das Zusammenstellen anderer Angebote für Programmstrecken. Bei CC2 ist das alles auch enthalten. Darüber hinaus erstellt der Beauftragte aber auch Beiträge. Da reicht das Spektrum von einem Online-Artikel in einem Landesportal über einen Social-Media-Post bis hin zu einer mehrteiligen “Lesezeit” bei MDR KULTUR, die aus Fremdmaterial für den Sendeplatz und die Audiothek konfektioniert wird. Die Tätigkeitsbeschreibung von CC2 erwähnt auch “Schnittleistung und Endfertigung im Rahmen von Gesamtleistungen”.

Mithin müssen einige Tätigkeiten, die jetzt unter CC1 verbucht werden, über CC2 abgerechnet werden! Andernfalls verstößt die betreffende Redaktionsleitung gegen die Tarifvereinbarung des Hauses mit den Gewerkschaften. Die richtige Einstufung kann über die neuen Mindesthonorarsätze in einigen Fällen auch zu einer Honorarerhöhung führen. Das hängt von den Honorarhöhen ab, die im alten System gezahlt wurden. Jedenfalls sind die Mitarbeitenden gut beraten, sich ihre Einstufung in CC1 oder CC2 genau anzuschauen.

“Der ganze crossmediale Prozess steht unter Vorbehalt einer Evaluierung im Herbst”, sagt Sebastian Scholz. Und weist auf eine Protokollnotiz hin, die vor Missbrauch schützen soll: “Derzeit gezahlte Honorare für gleiche oder aus diesen abgeleiteten Ursprungstätigkeiten bei gleicher Leistung in gleicher Qualität dürfen nicht unterschritten werden. Maßgeblich sind die Verhältnisse zum 31.12.2022.” Und weiter: “Eine systematische Beauftragung als Content Creator 1 und regelmäßige Änderung der Beauftragung als Content Creator 2 am Einsatztag ist nicht zulässig. Ausnahmen aufgrund von Nachrichtenlagen oder kurzfristigen personellen Ausfällen bleiben davon unberührt.”

Wenn ihr Unregelmäßigkeiten feststellt oder eine Schlechterstellung befürchtet, informiert bitte uns als Freienrat oder die Gewerkschaften. Gerade vor dem Hintergrund einer Evaluierung sind eure Erfahrungen maßgeblich, ob sich das neue System bewährt.