Die Freien des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) haben sich Ende April in Frankfurt am Main zum Austausch mit Experten, Politikern, Senderverantwortlichen und Freienvertretern getroffen. In diesem Jahr standen vor allem die Themen KI und die Rolle des ÖRR im digitalen Raum im Mittelpunkt. Spätestens seit der Amtsübernahme von Donald Trump ist klar, wie gefährlich es ist, den digitalen Raum den großen Tech-Giganten zu überlassen. Heiß diskutiert wurde die Frage, ob man auf den Tech-Plattformen bleiben – und sich gerade als ÖRR dort den zunehmenden Desinformationen entgegenstellen – oder die Plattformen verlassen sollte. Auch die Schaffung einer neuen Social-Media-Plattform nach europäischem Recht wurde ins Spiel gebracht. Den alten Zwist zwischen Verlagen und ÖRR könne man sich angesichts der übermächtigen amerikanischen und chinesischen Plattformen gar nicht mehr leisten, hieß es aus dem Publikum.
In der Diskussion zum Rundfunkreformstaatsvertrag sagte Stefan Tiyavorabun, SWR-Journalist und Vorstandsmitglied des ÖRR-Freienrats: “Wir erleben zum ersten Mal in der Geschichte, dass die Existenzberechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angezweifelt wird”. Von der Politik sei da nicht viel zu erwarten, sagte Mika Beuster, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV). “Wir erleben Politikerinnen und Politiker, die Medienpolitik nicht mehr gestalterisch angehen. Stattdessen machen sie Medienpolitik zum Spielball.” Florian Hager, HR-Intendant und ARD-Vorsitzender, hob hervor: “Unser Geschäftsmodell ist, dass die Gesellschaft uns für so wichtig erachtet, dass es uns gibt”. MDR-Rundfunkrat Heiko Hilker vom Dresdner Institut für Medieninformation und Bildung kritisierte, dass der Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit der kleinteiligen Regulierung und dem engen Fokus auf die Zahl der erlaubten Kanäle den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt in die Irrelevanz führe.
Das aktuelle Megathema ist die Künstliche Intelligenz. Die rasanten Entwicklungen werden sich immer mehr auf die Tätigkeiten der Freien auswirken und tun es schon jetzt. Das verschiebt die Arbeitsfelder und könnte manche Tätigkeiten obsolet machen. Die Freien bekundeten, dass sie sich nicht widerstandslos ihre Jobs wegnehmen lassen wollen. Wobei sie jedoch mit Augenmaß vorgehen wollen, denn sich unvermeidlichen technologischen Entwicklungen in den Weg zu stellen, hat sich historisch zumeist als Fehlschluss erwiesen. Zudem würden mit KI auch neue Beschäftigungsfelder geschaffen. Erwartet wurde von den Sendern, dass sie nicht nur die vermeintlichen Sparpotentiale in den Fokus nehmen, sondern beim KI-Einsatz auch soziale Abwägungen und humane Kompetenzen berücksichtigen.
Beim Podcast-Talk ging es um die Frage, wie freie Mitarbeitende in diesem wachsenden “Geschäftsfeld” der öffentlich-rechtlichen Medienhäuser bestmöglich eingebunden werden können. Dabei wurde die Kooperation des RBB mit detektor.fm bei dem preisgekrönten Story-Podcast “Teurer Wohnen” vorgestellt. Davide di Dio erklärte als Headautor von “Das Imperium Heidi Klum” wie eine Volontärinnen-Idee zum erfolgreichen “Hero Content” der Audiothek wurde. Nicht unerwähnt blieb auch das Dilemma der Freien, immer höchste Qualität liefern zu wollen und deshalb oft mehr Zeit investieren zu müssen, als sie tatsächlich bezahlt bekämen. Will die ARD ihren Auftrag auch in der digitalen Sphäre optimal erfüllen, braucht es eine auskömmliche Finanzierung.
Verschiedene ARD-Anstalten haben bereits Regelungen für langjährige freie Mitarbeitende getroffen, nach denen man etwa nach 20 Jahren oder ab dem Alter von 55 Jahren nicht “beendet” werden könne. Das garantiert in der Regel aber nicht die Höhe der Einkünfte. Beim SWR erhalten Freie nach sechs Jahren eine Honorar- und Beschäftigungszusage – wenn der Vertrag verlängert wird. Das setzt jedoch die Jüngeren in der sechsjährigen “Probezeit” stark unter Druck. Bei der Deutschen Welle wurden Abfindungen für Langjährige im Falle von Beendigungen ausgehandelt. Das hat die Zahl solcher Fälle stark sinken lassen, weil der Sender dieses Geld ungern ausgeben möchte.
Martha Richards und Dennis Amour von ver.di und BJV haben über das Urheberrecht und die Verhandlungen zu einem ARD-Urhebertarifvertrag informiert. Besonders wichtig waren ihnen die zahlreichen Anregungen für einen neuen Tarifvertrag. Denn nach 25 Jahren ist er angesichts der rasanten technischen Entwicklungen in die Jahre gekommen: Stichwort ARD Strukturreform, Kompetenzzentren oder auch KI.
Bei derart unsicheren Zukunftsaussichten war es den Freien beim Kongress umso wichtiger, enger zusammenzurücken. Sie nutzten die Panels, Podiumsdiskussionen und jede Pause dazwischen, um sich zu vernetzen und auszutauschen.